Jung und Alt stehen in langen Schlangen, Tag für Tag, vor dem Dönerladen “Alaturka” in der Olgastraße. Die Stuttgarter honorieren Yüksel Dogans Hingabe für Qualität.

Gäste, die bei Yüksel Dogan im Alaturka in der Olgastraße einen typischen Dönerladen erwarten, schauen sich schon mal verwirrt um: Ein uriger kleiner Raum, heimelig, grobe Steinwände, rustikale Stehtische aus dunklem Holz, selbstgemachte Dekoration – das ist eher der Charme einer traditionellen Besenwirtschaft als die eines Kebabladens. Das Alaturka hebt sich bewusst ab. Schnelle Massenabfertigung gibt es hier nicht. Kunden die bestmöglichste Qualität zu bieten, das kann auch mal länger dauern: Ein Konzept, das aber schon seit über zwei Jahrzehnten funktioniert. 

Yüksel Dogan hat sich der Qualität mit Haut und Haaren verschrieben. „Ich bin immer jemand, der Alternativen sucht“, sagt Dogan, dem man seine Begeisterung nach fast 25 Jahren als Gastronom immer noch anmerkt. „Viele denken, dass wir hier türkische Küche haben – haben wir nicht, das ist eine Fantasieküche hier. Unsere Empfindung, unsere Fantasie, unser ganz eigenes Konzept“, schwärmt er. 

Es ist neun Uhr morgens. Es gibt noch reichlich zu tun bis das Alaturka seine Pforten öffnen kann. Yüksel Dogan ist hellwach, er kommt gerade vom Einkauf für den heutigen Tag zurück – ein Ritual, dass er schon seit vielen Jahren pflegt. „Ich kaufe jeden Tag frisch ein“, erzählt er. Jeden Tag wird im Alaturka ein Drehspieß hergestellt – von Hand. Und auch nur einer pro Tag. Wenn der leer ist, gibt es für die Kunden nur noch vegetarischen Döner. Die scheint das nicht zu stören. So wenig, wie die riesigen Schlangen, die sich vor allem um die Mittagszeit viele Meter weit auf die Olgastraße hinaus erstrecken. 

 „Wenn ich es nicht esse, will ich es auch nicht verkaufen. Das ist meine Lebensphilosophie“

Seit 1992 besitzt Dogan das Alaturka bereits. Damals war der große Erfolg jedoch noch nicht abzusehen, wie er erzählt. „Nichts hiervon war geplant. Wir haben als Obst- und Gemüseladen angefangen, meine damalige Frau und ich.“ Später erst kam der Kebabverkauf dazu, zunächst in einer kleinen Ecke des Ladens. „Ich will ehrlich sein“, bekennt Yüksel Dogan und lacht, „wir haben damals unseren eigenen Kebab nicht gegessen, weil wir noch fertige Spieße gekauft haben.“ Er hat in einer Ecke des Ladens für sich selbst gekocht, bis die Idee kam: Warum das nicht anbieten? „Denn, wenn ich es nicht esse, will ich es auch nicht verkaufen. Das ist meine Lebensphilosophie“, sagt Yüksel Dogan. 

Seitdem wird im Alaturka jeder Bestandteil des Döners selbst gemacht. Wer hier aber an den bekannten Döner im Brötchen mit Fleisch, Salat, Rot- und Weißkraut denkt, liegt falsch. Hier kommt stattdessen Rucola, Broccoli, Aubergine und anderes frisches Gemüse zum Fleisch in die selbstgebackenen Brötchen. Gekocht wird nur ohne Zusatzstoffe. „Das ist alles Quatsch, das blöde Teufelszeug“, schimpft Yüksel Dogan. “Das brauchen wir hier ja zum Glück nicht, damit der Kebab gut schmeckt!“ 

Yüksel Dogan hat den Beruf des Gastronomen nie “studiert”. Seine Frau, der er nach Deutschland folgte, hat ihm das Kochen beigebracht. Dogan ist sich sicher, dass es für einen Wirt nicht auf den Abschluss ankommt, sondern auf das Essen, das über die Theke geht. „Essen ist eine Vertrauenssache“, sagt er. „Als Wirt hat man Verantwortung.“ 

„Als Wirt hat man Verantwortung“

Die eigene Hingabe für sein Produkt ist gleichzeitig auch ein Hindernis. Yüksel Dogan kann sich vorstellen, sich auch woanders zu verwirklichen, neue Restaurants zu eröffnen, größer, mit mehr Sitz- und Parkmöglichkeiten. Ein Alaturka vielleicht in jeder Stadt – das wäre schon ein Traum. „Aber es kann eben nicht jeder das, was ich hier mache. Und ich kann ja nicht immer überall gleichzeitig sein“, lacht er herzhaft. „Selbst wenn ich doch noch irgendwas anderes mache: Das hier muss bleiben!“

Und was ist das, was Yüksel Dogan die größte Freude bringt? „Es freut mich am allermeisten, wenn die Omas und Opas hier zum Kebab-Essen kommen. Das ist das größte Lob für mich, wenn die sich in die Schlange stellen um bei mir, hier, Kebab zu essen.“ Oft kommen die Älteren sogar auf Empfehlung eines Enkelkindes. Mit den als knauserig verschrienen Schwaben geht er wie mit einer Familie um. „Die schwäbischen Leute, ich liebe sie“, bekennt Dogan. “Geizig? Nein, sparsam sind sie.” schmunzelt er. „Wenn man hier sein Geschäft gut macht, kriegt man Lob und wird empfohlen, das bedeutet viel.“ 

„Wenn man hier sein Geschäft gut macht, kriegt man Lob und wird empfohlen. 

Das bedeutet viel“

Und noch etwas anderes nimmt er als Bestätigung für sein Konzept: „Wenn man genau hinschaut, kommen viele Leute, die selber Dönerläden haben, zu mir zum Essen“, grinst er. „Solche Läden wie meinen gibt es auf der Welt bestimmt nicht mal mehr zehn Stück!“ 

Entspannt der der stolze Vollzeit-Gastronom Yüksel Dogan auch mal? Ja, und dafür hat er ein gutes Rezept. „Ich habe einen Garten in Sillenbuch, da hab ich ein paar Hühner, denen bringe ich dann manchmal ein bisschen Salat mit – und schon bin ich auch wieder glücklich.“ 

 

Das Interview mit Yüksel Dogan stammt aus unserem Stuttgart-Buch  „Wird Wirt… Stuttgarter Gastronomen im Gespräch“.

 

 

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